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Suizidgefahr -
Was tun?
Zunächst einmal ist es wichtig, dass eine Suizidgefährdung überhaupt erkannt und ernst genommen wird. Im täglichen Miteinander zeigt sich eine suizidale Krise häufig (aber nicht immer!) durch ein verändertes oder ungewöhnliches Verhalten.
Der Arbeitskreis Leben schreibt
dazu:
- "Zieht sich jemand besonders von anderen zurück im Vergleich zu sonst?"
- "Reagiert jemand auf Anfrage etwa mit
"Ach, Du kannst mir auch nicht helfen; niemand
kann mir helfen"?"
- "Verhält sich jemand
"plötzlich" anders als sonst; wirkt er besonders
bedrückt oder aggressiv; äußert er sich immer
pessimistischer oder gar hoffnungslos?"
- "Ist
jemand nach einer kurzen oder längeren Phase
heftiger gefühlsmäßiger Bewegtheit in einem für
ihn schwierigen Zusammenhang plötzlich sehr ruhig
und gelassen?"
- "Tut jemand Dinge, die für ihn
eigentlich ungewöhnlich sind, wobei man den
Eindruck hat, sie haben einen endgültigen
Charakter für den Betroffenen? Z.B. jemand
verschenkt Dinge, an denen er bekanntermaßen sehr
hängt oder er macht sein Testament?"
- "Spricht
er mehr als im Spaß oder der Situation
entsprechend davon, dass er genug hat. "Ich habe
die Schnauze jetzt voll"? Oder "Wenn es so
weitergeht, hänge ich mich auf... gehe ins Wasser
...werfe ich mich vor den Zug ... " oder so
ähnlich?"
Wer kann was tun?
Verwandte und Freunde können
unterstützen, Ärzte, Therapeuten, Krankenhäuser
und Beratungsstellen, vor allem solche, die ihren
Beratungs-Schwerpunkt auf Krisen und Suizidgefahr
gelegt haben. Je früher Hilfe in Anspruch genommen
wird, desto besser. Bei einem gebrochenen Bein
würde auch niemand warten, ob der Bruch „irgend
wie“ wieder zusammen wächst. „Lebens-Brüche“ –
eigene oder die anderer Menschen - haben nicht nur
die gleiche Aufmerksamkeit und Hilfe verdient, sie
brauchen sie auch.
Der Arbeitskreis Leben
beschreibt, worauf geachtet werden muss, wenn man
helfen möchte:
„Hilfe bedeutet also
zuallererst, die Sichtweise und Gefühle des
Verzweifelten ernst zu nehmen: Ja, es ist für dich
so schlimm.
Hilfe bedeutet, Beziehung
anzubieten: Du kannst mit mir überlegen, ob
Suizid wirklich die einzige Möglichkeit ist,
die dir bleibt.
Hilfe bedeutet, die
Ambivalenz des Verzweifelten zwischen Leben- und
Sterbenwollen mitzudenken und
auszuhalten.
Hilfe kann darin bestehen, den
Menschen, der an Suizid denkt, daran zu erinnern,
dass er andere, frühere Krisen schon überwunden
hat; ihn zu erinnern, wie er das gemacht hat, ihn
an seine Kompetenzen zur Lösung von Krisen zu
erinnern. Wahrscheinlich wird er in seiner Lage
diese Kompetenzen anzweifeln, doch kann es
gelingen, sie aus der Entwertung
herauszuholen.
Schließlich bedeutet Hilfe,
Bilder innerer Geborgenheit wiederzufinden und zu
entwickeln. Sie können ein Gegengewicht gegen den
Sog der Entwertung werden.“
Hilfe ist
möglich – und dennoch können nicht alle Menschen
vor ihrem letzten Schritt zum Suizid bewahrt
werden. Wer zurück bleibt, ist häufig zutiefst mit
dem eigenen Leben und Sterben konfrontiert, ist
voller Schuldgefühle, Entsetzen, Trauer, Wut,
Hilflosigkeit, sucht nach Erklärungen, Verstehen
und Trost. Und er braucht vor allem eines:
Verständnis und
Unterstützung.
Alle Zitate aus: Arbeitskreis Leben Stuttgart e.V.: Suizid, 1997 (3. Auflage).